Pano-HR-Schloss 182_Carschenna

Hoch- und Spätmittelalter

Eine Pilgerstation im Schutze der alten Kirche?

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Im Schuttmaterial, welches bei den archäologischen Grabungen (1999-2005) aus dem Gebäude im Osten des Grabungskomplexes (Phase gelb) entfernt wurde, kamen zahlreiche Fragmente von Ofenkacheln in Becherform zum Vorschein.
Einer der Becher liess sich sogar in ihrer ganzen Länge (10.5 cm) rekonstruieren.
Es handelt sich dabei um eine Frühform von Ofenbecherkacheln, vermutlich aus dem 11. Jahrhundert.
In dem beheizten Raum, angelehnt an die Kirche, könnte es sich um ein frühes Xenodochium handeln, eine Pilgerherberge und Krankenstation unter der Schirmherrschaft des Bistums.


Ein Strom wird umgelenkt

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Kirche St. Johann & Viktor war einerseits das kirchliche Zentrum der ganzen Region Domleschg und Heinzenberg. Hier traf sich die Christengemeinde zu Gottesdiensten, Taufen und allen kirchlichen Feiertagen. Die aus der frühchristlichen Kirchen- und Tauftradition entstandene Grosspfarrei St. Johann mit der Kirche St. Johann & Viktor als Zentrum kam im Laufe der Zeit in den Besitz von umfangreichen Gütern und Besitzungen in der Region. Dieses Verwaltungsgebiet Viztum (Bischöfliche Vogtei) unterstand dem Kirchenvogt von HOHEN RÄTIEN.


Anderseits half zu Zeiten, als das Schicksal der Menschen noch ganz in Gottes Hand lag, noch keine Reise-, Gepäck-, Unfall- oder Lebensversicherung das Risiko einer Reise zu tragen. Hier in der Kirche hatten vorbeiziehende Händler, Soldaten, Gesandte und Pilger und andere mehr die Möglichkeit, beim lieben Gott um Schutz und Segen für den gefährlichen Wegabschnitt durch die Viamala zu bitten. Oder um nach geglückter Durchquerung der Schlucht eine Dankesmesse lesen zu lassen. Doch diese kirchlichen Dienste waren nicht umsonst zu haben und bildeten während Jahrhunderten eine verlässliche Einnahmequelle der Kirche.


Beim heftige Erdbeben von 1295 scheint HOHEN RÄTIEN schwer getroffen und mehrere Gebäude so stark beschädigt, dass sie aufgegeben werden mussten. Die alte Parochia (erste Erw. 1210) lag wohl in Trümmern und wurde gleich daneben, unter Wiederverwendung des stehen gebliebenen Campanile, als die heutige Kirche wiederaufgebaut.
Eventuell war sogar der alte Handelweg durch die Viamala so sehr zerstört worden, dass er nicht mehr begangen und der Verkehr auf die sicherere Septimeroute umgelenkt wurde. HOHEN RÄTIEN als Wegstation war obsolet geworden und wurde aufgegeben.


1359 verkaufte der Bischof von Chur (Peter I. Gelyto 1356-1368) die Kirche St. Johann & Viktor mit all ihren Einkünften und Pflichten an das Kloster Cazis.
Das Viztumamt wurde bereits zu Beginn des 14.Jh. in der bischöflichen Grossburg Fürstenau ausgeübt, der Ort erhielt in der Folge 1354 das Stadtrecht als "Stadt Fürstenau".

Für die kommenden 200 Jahre wurde der Handelsverkehr über Fürstenau durch den Alten Schiin und via das Oberhalbstein über den Septimerpass geführt.

Bis die Leute von Thusis, Masein und Cazis eine neue zündende Idee hatten......


Münze Heinrichts IV. durch Klicken vergrössern


Silberner Denar aus salischer Zeit, vermutlich des Heinrich lV (11. November 1050 bis 7. August 1106)








Viamalabrief 1473

Mit dem Viamalabrief (1473) beschlossen die Gemeinden Thusis, Masein und Cazis, "(...) die richstrass und den waeg entzwüschend Tusis und Schams, so man nempt Fyamala zuo howen, uffzuorichten und ze machen (...)". durch Klicken vergrössern
Dadurch verlegte sich der Hauptverkehrsstrom auf die andere Talseite und die sogenannten Saumporten (Transportgenossenschaften) erhielten in der Folge ein Transportmonopol durch die Viamala-Schlucht. Thusis wurde zunehmend zum regionalen Zentrum. Durch diese Entwicklung verloren sowohl die junge Stadt Fürstenau, wie auch Hohen Rätien an Bedeutung, da beide fortan vom Verkehr umgangen wurden.
(Vollständige Abschrift des Viamala-Briefes, pdf)